Ein Wiener Hackerspace
Als wir den Keller betreten, sehen wir Stapel von Kisten mit leeren und vollen Flaschen. Die nächste Tür auf der rechten Seite bringt uns zum Hauptraum. Phileas macht mit uns diesen Abend die Führung. Er bemerkt sofort, dass wir den Ort nicht kennen, kommt auf uns zu und begrüßt uns. Wenige Minuten nachdem er der Musikerin und den Musikern mit dem Aufbau und dem Soundcheck geholfen hat, startet die Besichtigung.
Dort ist eine Telefonzelle. Eine Tür voll gepickt mit Stickern. Große LED Bildschirme. Dieser Ort ist mysteriös, bald werden wir mehr darüber erfahren. Wir beginnen mit einigen Fragen um den Wikipedia Artikel, den wir vor unserem Besuch gelesen haben, zu ergänzen.[1] Es gibt ungefähr 150 Mitglieder im Verein Metalab. Der Beitritt ist für alle möglich und kostet € 20 im Monat. Damit ist es möglich, die ganze Ausstattung zu nutzen und man erhält zusätzlich einen Schlüssel, mit dem man kommen kann, wann man möchte. Obwohl es verboten ist dort zu übernachten, – eine der wenigen Regeln – trifft man rund um die Uhr irgendjemanden fast immer an. Besucherinnen und Besucher sind sehr willkommen, nicht nur um das Metalab zu besuchen, sondern auch um die Maschinen zu verwenden. Es versteht sich von selbst, dass beim regelmäßigen Verwenden der Maschinen von einem erwartet wird, dem Verein beizutreten. Die Beitrittsgebühren werden benötigt, um die Rechnungen für Miete und alles Übrige zu bezahlen. Die wenigen Sponsoren decken nur einen geringen Teil der Gesamtkosten.
Das Metalab existiert seit 2006. Es ist eines der ältesten „modernen“ Hackerspaces auf der Welt, nicht so bekannt wie der c-base in Berlin, aber es beeinflusste die „Szene“ beachtlich. Da ich neugierig auf dieses von Wikipedia erwähnte spezielle Organisationsmodell bin, ratet mir Phileas auf https://hackerspaces.org zu schauen. Dort würde ich alle Informationen rund um das Metalab Model finden, welches in vielen Hackerspaces weltweit angewendet wird.[2] Die Wiener Initiative beschleunigte anscheinend die Gründung und Entwicklung von Hackerspaces.
Nach der kürzlichen Renovierung der Lounge, ein freundlicher Raum mit Sofas, einer Sammlung von alten Videokonsolen, einem Spielautomaten, der auf einen neuen Bildschirm wartet,[3] und mit anderen Kuriositäten, wurde entschieden, den ganzen Ort komplett rauchfrei zu machen. Das war eine ziemliche Veränderung für einige Personen, da die Lounge jahrelang der auserkorene Raucherbereich war. Aber das ist kein Problem für die zwei jungen Leute, die wir dort treffen. Um sich ein paar Stufen zu ersparen und etwas dem Ambiente hinzuzufügen, wurde dort beim Fenster eine Leiter angebracht. Damit gelangt man direkt auf die Straße.
Neben diesen zwei Regeln hören wir von einer dritten, die nicht wirklich eine ist: tu was du willst! Wenn du etwas machen willst, frag nicht die Gruppe, sondern mach es. Das ist die logische Folge eines Grundsatzes, der das Metalab erfolgreich werden ließ: was auch immer du tust, du hast das Recht es zu tun![4] Zwei andere Tipps vom Wiener Space an Leute, die ihren eigenen Hackerspace errichten wollen? Wähle einen zentralen Standort (es ist teurer, aber du möchtest doch, dass Leute vorbeikommen, oder?) und halte die Räume so sauber wie möglich (animiere die Leute dazu, ihre eigenen Sachen wegzuräumen und macht nach einer Veranstaltung gemeinsam sauber).
Nachdem wir eine Pause in der Bar eingelegt haben, besuchen wir das Fotolabor und die Elektrowerkstatt. Bevor wir uns die Schwermaschinen anschauen, halten wir vor dem einzigen Computer hier, der unter einem Microsoft Betriebssystem läuft. Er steuert den Laser Cutter. Phileas erklärt uns, dass zwei Typen den Driver letztes Jahr einem Reverse Engeneering unterzogen haben, sodass es jetzt möglich sein sollte, den Cutter mit einem freien und Open Source Driver zu verwenden (dieser Comuter könnte unter GNU/Linux laufen, wenn ich das nächste Mal komme!). Aber was machen sie mit dem Laser Cutter? Zum Beispiel Holz und Plexiglass schneiden oder formen. Einer dieser Hacker, ein bisschen einfallsreicher als das, programmierte ein Gerät um digitale Musiktracks zu analysieren und sie auf veraltete LPs zu brennen.
Als die Besichtigung vorbei ist, endet auch das Konzert. Aber die Band bietet an, noch einmal zu spielen. Das Publikum ist jetzt größer um der Gitarre, der Flöte und… dem Computer zu lauschen. Überflüssig zu erwähnen, dass sie experimentelle Musik spielen!
Zu guter Letzt, woher kommt eigentlich der Name Metalab? „Meta“ ist eine griechische Präposition (häufig verwendet, vor allem in der Informatik), um eine Abstraktion, etwas Allgemeineres, zu bezeichnen. Im Buch Hackerspaces: The Beginning ist folgende Antwort zu finden:[5]
„Their name developed from the fact that they wanted to have a „laboratory“, but one for all kinds of things and projects.“
(Adrien übers. von Anna, dieKulturvermittlung, 30.05.2015)
Quellen
[1] vgl. Wikipedia, http://en.wikipedia.org/wiki/Metalab
[2] vgl. Wikipedia, https://wiki.hackerspaces.org/Metalab/Lessons_learned
[3] We hörten, dass seit unserem Besuch, ein neuer Bildschirm für den Spielautomaten gefunden worden ist!
[4] Dieses Organisationsmodell wird manchmal als do-ocracy bezeichnet.
[5] Bre Pettis, Astera Schneeweisz and Jens Ohlig (2008): Hackerspaces: The Beginning
(Picture credits: dieKulturvermittlung)
klingt spannend!