UrlauberInnen fallen in die 56. Biennale von Venedig ein

on vacation

UrlauberInnen auf der Biennale von Venedig

Wir lieben es Urlaub zu machen. Im Urlaub kann man endlich die Schattenseiten des Alltags vergessen und die Sonnenseiten des Lebens genießen. Aber bevor es mit dem Spaß losgehen kann, muss eine schwierige Entscheidung getroffen werden: Wo soll es hingehen? Wir möchten uns für ein ideales Reiseziel entscheiden, einen Ort, an dem alle sein wollen: Auf geht’s nach Venedig! Wie so oft zeigt uns ein näherer Blick auf das gewählte Ziel, dass Traum und Realität nur selten eins sind: Unmengen an TouristInnen, überteuerte Preise und Selfie-Sticks wohin das Auge reicht.

Selfie Stick

Selfie Sticks – ein Muss für TouristInnen in Venedig

Trotzdem bleiben wir bei unserem ursprünglichen Plan, vor allem aus zwei Gründen: Die 56. Biennale von Venedig findet unter dem Thema  „All the World’s Futures“ statt und noch besser, Clemens Poole, ein guter alter Freund aus den USA, ladet uns ein, bei einem Kunstprojekt mitzumachen.[1] Hauptidee des Projektes, das von einer Reihe internationaler Leute getragen wird, ist auf Urlaub zu sein und gleichzeitig die Auffassung von Urlaub neu zu definieren. Außerdem geht es darum, die AusstellungsbesucherInnen zum Mitmachen bei einem Wettbewerb zu bewegen, bei dem sie einen gratis Urlaub gewinnen können! Wie? Indem sie eine Militärjacke anziehen, ein Selfie in einem Pavillon eines Landes machen, das momentan ein anderes Land besetzt und dieses Selfie dann auf  Twitter oder Instagram mit dem #onvacation Hashtag oder auf der Website des Projektes teilen.[2]

Da sind wir nun, in Giardini, Arsenale und Pavillons außerhalb der Hauptbereiche, ziehen umher, um mit Leuten zu reden und sie zum Einrücken zu bewegen. Die Reaktionen, die wir bekommen, sind sehr unterschiedlich. Von „Nein! Nein! Nein! Das ist sicher ein Betrug.“  und  „Kann ich eine Tragetasche[3] von dir bekommen? sowie „Klar, wo soll ich nur anfangen, in Russland, Israel oder in den USA?“ zu „Es tut mir so leid, dass ich letztes Mal so unfreundlich zu dir war. Ich habe über das Projekt gelesen und möchte unbedingt mitmachen.“ oder sogar „Ich weiß, dass sie umsonst ist, aber ich möchte dir trotzdem ein paar Euros für die Tasche geben, wie viel kostet sie?“.

Israelischer Pavillon

Vor dem israelischen Pavillon. Wird er oder wird er nicht..?

 In den aggressivsten Ländern organisieren wir auch einige Rückinvasionen. Dabei besetzen wir mit dem gesamten Team einen Pavillon und ziehen damit die Aufmerksamkeit, mehr als die Kunstinstallationen es tun, auf uns. Dazwischen finden wir immer wieder Zeit, uns alle in der Cafeteria zu zu treffen, um ein paar Sprizz zu trinken. Es erinnert uns daran, was Urlaub wirklich bedeutet.

Sprizz in Giardini

Im Urlaub mit ein paar Sprizz in Giardini

Sprizz in Arsenale

Und einige mehr Sprizz in Arsenale

Fragst du dich nun, wohin die Reise für die glückliche Gewinnerin oder den glücklichen Gewinner gehen wird?  Dann bist du eine Person von wenigen. Die meisten fragten nicht danach, aber den Neugierigsten mussten wir die Wahrheit sagen: Balaklava auf der Krim. Tja, einige verweigerten die Teilnahme nachdem sie das hörten. Nicht ihre ideale Destination, bemerkten sie.

#onvacation hinterfragt die Definition von Urlaub in Zeiten von starker Militarisierung. Der Krieg ist vorbei, sagten sie, aber militärische Ausgaben finden sich noch immer an den Spitzen der Budgets zahlreicher Länder und Gewehrkugeln sind für viele Teil des Alltags. Was ist mit Soldaten, die in fremde Länder gesandt werden ohne Befehle zu erhalten? Sind sie Soldaten oder Urlauber? Hm, wenn sie nicht arbeiten, sind sie wahrscheinlich auf Urlaub!

Bis jetzt hat niemand die Autorschaft des Projektes für sich beansprucht, aber wir wissen, dass die Jacken und Tragetaschen von der Ukrainischen Kulturstiftung Izolyatsia finanziert werden. Letztes Jahr ergriffen ein paar Kalaschnikows ihr Hauptquartier in Donetsk, welches jetzt als Internierungscamp von Separatisten verwendet wird. Sie fanden Zuflucht in Kiew und für sie ist das #onvacation Projekt gewiss auf Russland gerichtet. Aber Clemens sagte uns, dass das Projekt über das hinaus ginge. Welche Pavillons besetzt werden sollen, können sich die BesucherInnen selbst aussuchen. Es könnte Russland, aber auch die USA, Israel, China, Türkei, Belgien sein… am Ende ist es interessant zu sehen, welche Länder sich die Leute aussuchen, um dort Urlaub zu machen. Wir, als UrlauberInnen sowie als diejenigen, die Urlaub möglich machen, wollen kein Land mehr als ein anderes beschuldigen, sondern nur auf etwas hinweisen, das Aufmerksamkeit verdient. Unser Aufenthalt ist weder künstlerisch, noch politisch! Es geht nur um Urlaub und nicht mehr.

All the World’s Futures? Hoffentlich #nooccupation. (Anna und Adrien, dieKulturvermittlung, 03.06.2015)


Anmerkungen:

[1] Ein Kunstprojekt, das nicht offiziell vom Komitee der Biennale von Venedig ausgewählt worden ist.

[2] Militärjacken werden bis zum 8. Juni in Tragetaschen verteilt. Möchtest du auch einen Urlaub gewinnen? Dann beeile dich und komm auf die Biennale von Venedig um dein #onvacation Selfie zu machen. Am 9. Juni erfährst du, ob du gewonnen hast.

[3] Wahrscheinlich die angesagteste und billigste Tragetasche auf der 56. Biennale,  komplett gefertigt in der Ukraine.

(Bildnachweis: dieKulturvermittlung)



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