über.strassen.raum

Das future.lab der TU Wien setzt sich im Zuge der Ausstellung 2051: Smart Life in the City mit der Straße auseinander. Mehrere Projekte wurden dafür von Studierende sowie Lehrende der Fakultät für Architektur und Raumplanung umgesetzt. Eines dieser Projekte ist das „über“-Projekt in der Künstlergasse im 15. Wiener Gemeindebezirk. Um mehr über dieses Projekt zu erfahren, hat sich Anna mit Bianca Zulus von der ausführenden Kunstprojektgruppe getroffen.

über.strassen.raum

über.strassen.raum (cc) dieKulturvermittlung

Anna: Wie kam es zur Projektidee?

Bianca: Anfang des Sommersemesters 2015 hat sich bei der Übung „Entwerfen“ an der TU Wien herauskristallisiert, dass mehrere Projektgruppen das Überprojekt Straßen:Räume des future.lab15 gestalten sollen. Dabei habe ich die anderen, die mit mir im Projektteam sind, kennengelernt und „über“ ist entstanden. Schnell trug nicht nur unser Projekt den Titel „über“, sondern auch wir wurden von den anderen als „die übers“ bezeichnet.

Anna: Was kann ich von eurem Projekt lernen?

Bianca: Du kannst von unserem Projekt lernen, dass die Straße nicht nur aus dem normalen, linearen Straßenraum besteht, der streng normiert ist. Die Straße ist mehr als nur Gehsteig, Kante, Fahrbahn, Kante und wieder Gehsteig, denn es gibt einen Straßenraum, der über der Straße existiert. In dieser Hinsicht haben wir ihn nicht als zweidimensionalen, sondern als dreidimensionalen Raum verstanden. Mit unserem über.strassen.raum möchten wir die Leute zum hinaufschauen animieren und sie dazu bewegen, sich nicht nur starr auf ihre Smartphones zu konzentrieren. Das kommt heutzutage leider viel zu oft vor. Wir wollen darauf hinweisen, dass es da oben einen Raum gibt, der leer und frei ist und ein wahnsinniges Potential hat, um genutzt zu werden. Außerdem kannst du von uns lernen, dass Kooperationen bei Projekten extrem wichtig sind. Ohne die Kooperation mit der Gebietsbetreuung des 15. Bezirks, wären wir nie darauf gekommen, das Projekt in der Künstlergasse zu machen. Die Leute von der Gebietsbetreuung gaben uns den Tipp, es dort zu versuchen, da sie in der Künstlergasse motivierte und offene Menschen kannten. So kamen wir in Kontakt mit der Wohngruppe Wohnraum Künstlergasse in der Künstlergasse 14 sowie dem Architekturbüro x42, der Veranstaltungsagentur ivent und der Bürogemeinschaft Loft im Stahllager in der Künstlergasse 11, die alle weitere Kooperationspartner von uns wurden und ihre Fenster für die Anbringung unserer Installation zur Verfügung stellten. Da die Installation dank des Zugangs zu den einzelnen Wohnungen und Büros von uns händisch angebracht wurde, war das von Anfang an eine Vertrauenssache!

kuenstlergasse

Die Künstlergasse im 15. Wiener Gemeindebezirk (cc) dieKulturvermittlung

Anna: Was habt ihr von eurem Projekt gelernt?

Bianca: Vor allem die Kooperation mit dem MAK war sehr lehrreich. Z.B. war der Austausch mit Kuratoren, die ihre eigenen Ansprüche haben, eine neue Erfahrung für uns. Daneben haben wir Pressearbeit und Öffentlichkeitsarbeit gelernt: Zeitungen über das Eröffnungsfest informieren und schauen, dass auch darüber geschrieben wird, Radiointerviews, Blogeinträge, sich um eine Facebook-Seite kümmern etc. Zum Großteil war das learning by doing. Auch durch die bürokratischen Hürden, die wir bei unserem Projekt hatten, erfolgte ein Wissenszuwachs. Uns war am Anfang nicht bewusst, was für Genehmigungen man braucht, um ein Konstrukt wie unseres im Wiener Straßenraum hängen zu lassen. Es gab ca. fünf Magistratsabteilungen, die davor das Projekt absegnen mussten und es fand sogar eine eigene Verhandlung wegen unserem Projekt statt. Ebenfalls war die Ideenfindung als kreativer Prozess eine lehrreiche Erfahrung. Dabei hat das Projekt fast eine Eigendynamik entwickelt. Betonen möchte ich auch, dass unser Projekt nicht nur die fertige Installation ist, sondern aus dem gesamten Entstehungsprozess besteht.

Anna: Was würdest du anderen raten, die ähnliche Kunstprojekte planen?

Bianca: Man sollte neugierig sein und allem gegenüber offen sein. Jeder Stolperstein kann das Projekt bereichern. Zusätzlich sind Mut und Ehrgeiz extrem wichtig, um ein solches Projekt zu realisieren.

 „die übers“

„die übers“ (von links): Michael Leiner, Vanessa-Maria Müller, Bianca Zulus und Sarah Leuchtenmüller (c) Bianca Traxler

Anna: Was hättet ihr gemacht, wenn euer Projekt nicht genehmigt worden wäre. Hättet ihr es dann trotzdem gemacht?

Bianca: Wahrscheinlich nicht. Die Gebietsbetreuung, die ständig mit Behörden in Kontakt ist, hat gemeint, dass NachbarInnen ziemlich sicher binnen einer Stunde die Polizei gerufen hätten. Und dann wäre es das gewesen mit unserem Projekt. Das wollten wir nicht riskieren, besonders da unsere Installation sich nicht einfach mal schnell aufhängen lässt, sondern wir dafür einen ganzen Tag brauchen, ohne das Knüpfen miteinzubeziehen. Das gesamte Konstrukt wurde nicht etwa maschinell hergestellt, sondern von uns handgeknüpft! Dafür haben wir beim Seilgroßhändler spulenweise Schnüre eingekauft und insgesamt ca. 8000 Meter verknüpft. Wir haben das ganze Semester mit knüpfen verbracht und auch Knüpfworkshops mit BewohnerInnen der Künstlergasse veranstaltet. Auch wurde ein eigener Knoten von uns entwickelt: der über.knoten, ein Knoten, der nicht verrutscht. Eine Knüpftechnik die z.B. beim Fischen, Zelten, Schmuckmachen und Kontakteknüpfen eingesetzt werden kann. Gerade das Kontakteknüpfen war bei unserem Projekt sehr wichtig.

Anna: Wird es weitere Städteinterventionen von euch geben und überhaupt wird es „die übers“ weiterhin geben?

Bianca: Zurzeit haben wir nichts Weiteres geplant, aber es ist noch alles offen. „Die übers“ wird es in dieser Form nicht mehr geben, weil unser Name eigentlich nur der Projekttitel ist. In Bezug auf das „über“-Projekt haben wir aber noch einiges vor. Es soll etwa ein Booklet und Film entstehen. Außerdem sind wir auf der Suche nach einer Nachnutzung des Schnurkonstrukts. Am 24.07. müssen wir es aus rechtlichen Gründen bereits abbauen und suchen ab dann einen neuen Ort für unsere Installation. Falls jemand eine Idee hat, bitte bei uns melden! (Anna, dieKulturvermittlung, 23.07.2015)

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Bianca Zulus ist Architekturstudentin aus dem Waldviertel und schreibt gerade an ihrer Masterarbeit. Gemeinsam mit den Achitekturstudentinnen Sarah Lerchenmüller, Vanessa-Maria Müller, Bianca Zulus und dem Raumplanungstudent Michael Leiner hat sie „über“ ins Leben gerufen.

Die Ausstellung 2051: Smart Life in the City findet im Rahmen der Vienna Biennale des MAK statt und wurde vom MAK und der Wirtschaftsagentur Wien, Kreativzentrum departure organisiert. Sie läuft noch bis zum 4. Oktober 2015.

2051: Smart Life in the City

Neben der Straße sind folgende visionäre Projekte in Wien zu finden:

die Schule,

die Bank,

die Fabrik,

das Krankenhaus,

das Einkaufszentrum,

das Stadion,

das Hotel,

die Wohnung,

 und der Freiraum.

Kuratoren der Ausstellung 2051: Smart Life in the City:

  • Harald Gründl (Co-Partner, EOOS; Institutsvorstand, IDRV – Institute of Design Research Vienna)
  • Thomas Geisler (Kustode MAK – Sammlung Design)

KuratorInnen der Vienna Biennale:

  • Pedro Gadanho (Kurator für zeitgenössische Architektur am Museum of Modern Art, New York)
  • Harald Gründl (Co-Partner, EOOS; Institutsvorstand, IDRV – Institute of Design Research Vienna)
  • Maria Lind (Direktorin, Tensta Konsthall, Stockholm)
  • Peter Weibel (Vorstand, ZKM | Zentrum für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe; Ordentlicher Professor, Universität für angewandte Kunst Wien)

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Anna und Adrien von dieKulturvermittlung machen beim #openschoool-Experiment mit. Deshalb wird dieser Artikel auf dieKulturvermittlung und im Blog der #openschoool veröffentlicht.



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