Wiener Klassenzimmertheater
Ende des letzten Schuljahres durfte ich ein ganz besonderes Theater kennenlernen. Ein Theater, in das man nicht gehen muss, ein Theater, das keine Bühne hat, ein Theater, dass sich auch brenzlichen Themen widmet, mit denen Kinder und Jugendliche häufig konfrontiert sind: das Wiener Klassenzimmertheater.

Das „KlaZi“-Team (von links): Thomas Weilharter, Dana Csapo, Dinah Pannos, Camilla, Reimitz und Teresa Huemer (c) Anna Stöcher
Vor dem Gebäude eines Schultypus, der sich abgekürzt ZIS nennt, warte ich auf Dana Csapo und ihr Team. Ich muss gestehen, dass ich bis dato diese Abkürzung nicht kannte. Falls es dir jetzt auch so geht: ZIS steht für Zentrum für Inklusion und Sonderpädagogik. Diese Zentren zeichnen sich durch kleinere Klassen und ein erhöhtes pädagogisches Personal aus. Ehemals wurden diese Schulen SPZ (Sonderpädagogisches Zentrum) genannt.
Ich gehe gemeinsam mit dem Team in eine 2. Klasse. Insgesamt werden 11 Kinder im Alter von etwa 12 Jahren, mehrheitlich mit Migrationshintergrund, und ihre 2 Lehrerinnen das heutige Stück sehen. Wir warten noch, bis das letzte Kind von der Schulimpfung zurück in die Klasse kommt. Um die Wartezeit zu überbrücken, verteilt eine der Lehrerinnen Äpfel. Während wir die Äpfel essen, werden die Kinder gefragt, ob sie schon einmal in einem Theater waren. Die einen sagen, dass sie dort schon einmal waren, aber dort nicht täglich hin wollen, die anderen bemerken, dass sie Theater nicht interessiert. Der Schüler kommt vom Impfen zurück, es geht los.
Ein Superheld stürmt in die Klasse und stellt sich uns als El Bueno vor. Gleich wird klar, dass El Bueno kein Superheld im traditionellen Sinn ist, sondern ein Real Life Superhero. Einer, der keine Superkräfte hat und sie auch nicht braucht, um stark zu sein. Sozusagen ein echter Held fürs echte Leben. El Bueno macht den Mund auf, wenn andere unterdrückt werden. Er schaut nicht weg, obwohl ihm das viele geraten haben. Und dafür braucht er keine Gewalt. Denn er hat für sich herausgefunden, dass man Konflikte besser mit Empathie und Aufrichtigkeit löst. „Ein Danke und einen Applaus brauche ich für meine Taten nicht“, sagt El Bueno. „Aber manchmal“, so fügt er hinzu, „wäre es doch ganz nett“.
Nach etwa einer Stunde Theater nehmen sich Dana und der demaskierte El Bueno Zeit, um das soeben aufgeführte Stück mit der Klasse nachzubesprechen. Unter anderem soll dabei herausgefunden werden, was für Gründe zu einem bestimmten Verhalten führen und was dazu verleitet, andere zu provozieren. Mit diesem Stück und der anschließenden Diskussion möchte das Wiener Klassenzimmer zu Zivilcourage animieren und zeigen, wie Kommunikation auch gewaltfrei funktionieren kann. (Anna, dieKulturvermittlung, 20.11.2015)
+++
Neben dem Stück REAL LIFE SUPERHERO, welches das Thema Konfliktbewältigung behandelt (Alter: 9+), befinden sich folgende Produktionen im Repertoire des Wiener Klassenzimmertheaters:
Man sieht nur mit dem Herzen gut zum Thema Freundschaft (Alter: 8+)
BISSwert zum Thema Mobbing (Alter: 9+)
ICH KOMMA SAUFEN zum Thema Alkohol und Sucht (Alter: 13+)
Hamlet Generation XYZ zum Thema Pubertät (Alter: 13+)
VIOLENCE zum Thema Gewalt (Alter: 14+)
Zusätzlich bietet das Wiener Klassenzimmer Workshops, Projekttage oder ähnliches für Schulgruppen und Gesprächsrunden für Pädagoginnen und Pädagogen an.
Schreibe einen Kommentar